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Ereignisanalyse
事象解析   jishō kaiseki
event analysis

Kommentar

Hier werden die Häufigkeiten für bestimmte Ereignisse in Populationen innerhalb eines bestimmten Beobachtungszeitraums untersucht, etwa die Häufigkeiten von Geburten, von Umzügen, von Heiraten, von Todesfällen. Konventioneller Weise werden diese Ereigniswahrscheinlichkeiten als Raten angegeben, das heisst, die Zahl der tatsächlich eingetretenen Ereignisse bezogen auf die Risikopopulation – die Gesamtzahl aller Individuen, die dem Risiko dieses Ereignisses ausgesetzt sind – zur Mitte eines Beobachtungsjahres. Moderne Verfahren studieren weiter die stetigzeitlichen Übergangsraten, wobei über die Entwicklung dieser Übergangsraten im Verlauf der Zeit oder in Abhängigkeit von Einflussfaktoren anspruchsvoll mathematisch formulierte Annahmen getestet werden. Mit solchen Modellen sind auch komplexe Kausalanalysen möglich. Viele demographischen Ereignisse sind als konkurrierende Risiken zu betrachten, also wenn man bei einem frisch verheirateten Paar ohne Kinder drei konkurrierende Risiken definiert: Scheidung, Geburt eines Kindes, Tod eines der Partner.
Zwei wichtige Instrumente in der Ereignisanalyse sind einmal das Verfahren der Standardisierung von Ereignisraten nach dem Alter, zum anderen die Aufstellung von Sterbetafeln. Die allermeisten demographischen Ereignisse sind in ihrer Häufigkeit nicht unabhängig vom Lebensalter der Risikopopulation. Beispielsweise gab es 1950 in Westdeutschland ungefähr 2.000 Todesfälle am Prostatacarcinom, während es im Jahr 2000 etwa knapp 10.000 bei etwa gleicher Bevölkerungszahl waren. Es ist klar, dass ein erheblicher Teil dieser Vervielfachung auf den Einfluss eines erheblich gestiegenen durchschnittlichen Lebensalters der männlichen Bevölkerung zurückzuführen ist. Will man nun entweder das Ereignisrisiko in einer Bevölkerung im Verlauf der Jahrzehnte oder aber in verschiedenen Bevölkerungen zum gleichen Zeitpunkt vergleichend untersuchen, so muss erst der Einfluss unterschiedlicher Alterstrukturen auf die Häufigkeit der betrachteten Ereignisse durch eine Altersstandardisierung ausgeschaltet werden.
Eine Sterbetafel (als Beispiel wird hier die aktuelle Sterbetafel Deutschlands von 1997-99 gezeigt - siehe Tabelle 1) erstellt man aus Kenntnis der Verteilung von Todesfällen in einer Ausgangspopulation im Laufe der Jahre. Die drei - mathematisch auseinander herleitbaren - elementaren Datenreihen in einer Sterbetafel sind die Sterbefälle, die Überlebenden und damit auch die Sterbewahrscheinlichkeit in den einzelnen Altersklassen. Das wichtigste an einer Sterbetafel ablesbare Ergebnis ist die durchschnittliche Lebensdauer der Kohorte bei Geburt bzw. die durchschnittliche restliche Lebensdauer der bis zu einem gewissen Alter Überlebenden. Sterbetafeln gibt es in zwei Varianten, einmal als Kohorten oder Generationensterbetafel, in denen eine tatsächliche Geburtskohorte über die 100 oder 120 Jahre ihres Lebens verfolgt wird, zum anderen - und praktisch wichtiger - als Periodensterbetafeln, in denen aus Querschnittsdaten über alle vorhandenen Altersklassen in einem Beobachtungsjahr die Sterbewahrscheinlichkeiten und die Zahl der Todesfälle bzw. der Überlebenden berechnet werden für eine fiktiven Kohorte, die ihr ganzes Leben in den Sterberisiken des Beobachtungsjahres verbringt. Im Falle einer Periodensterbetafel wird die so berechnete durchschnittliche Lebensdauer als die durchschnittliche Lebenserwartung der betreffenden fiktiven Kohorte, als ein zusammenfassendes Maß der tatsächlichen Sterberisiken des Beobachtungsjahres interpretiert. Weniger häufig verwendet, aber für bestimmte Fragestellungen informativ, sind zwei weitere Sterbetafelparameter: die wahrscheinliche Lebensdauer (das Alters, bei dem die Hälfte einer Kohorte bereits verstorben ist) und die normale Lebensdauer (das Alter, in dem die meisten Todesfälle geschehen). Die durchschnittliche Lebenserwartung ist einer der wichtigsten Indikatoren des Entwicklungsstandes einer Gesellschaft, und ist selbst Ausgangspunkt der wichtigsten Indikatoren der Bevölkerungsgesundheit:: - die an einer bestimmten Krankheit X verlorenen Lebensjahre (potential years of life lost: PYLL) werden bestimmt durch Abzug der Summe aller Lebensjahre, die eine Kohorte von 100.000 Personen bis zu einem bestimmten hohen Alter (75, 80 etc. Auswahl ist zwangsläufig willkürlich) zu leben erwarten kann, von der Summe aller Lebensjahre, die die Kohorte bis zum gewählten Alter zu leben erwarten könnte, sofern keine Person an Krankheit X stirbt; - die durch eine Krankheit X verlorenen beeinträchtungsgewichteten Lebensjahre zählen zu den durch vorzeitigen Tod verlorenen Lebensjahren noch die durch X beeinträchtigt verlebten Lebensjahre, gewichtet mit dem Grad der Beeinträchtigung hinzu; - die Gesundheitserwartung ist die erwartete Zahl der Lebensjahre einer solchen Kohorte ohne gesundheitliche Beeinträchtigung, sie kann ergänzt werden durch die Angabe der mit einer Beeinträchtigung (dies kann auch noch abgestuft werden) verlebten Lebensjahre, mit denen die Kohorte rechnen kann. Alternativ kann eine beeinträchtigungsgewichtete Lebenserwartung angegeben werden, in der die ohne und mit Beeinträchtigung verlebten Jahre einer Sterbetafelpopulation gewichtet nach dem Grad der Beeinträchtigung zusammengefasst werden (Ulrich Müller).

 

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